Sechs Lehren aus der Corona Krise
Auch die schlimmste Krise hat irgendwann ein Ende. Schon jetzt, bei der Corona Krise, sehen wir Licht am Horizont. Doch erst, wenn entsprechende Medikamente und oder ein Impfstoff
weltweit zur Verfügung steht, werden wir die Corona Krise vollständig überwunden haben.
In meinem Leben, habe ich schon sechs existenzbedrohende Krisen erlebt und bin daraus jedes Mal gestärkt hervorgegangen. In diesem Artikel will ich Sie, liebe Leserin und lieber Leser, an den Lehren teilhaben lassen, die ich aus jeder Krise gewonnen habe.
Was waren das für Krisen und welche Lehren waren daraus zu ziehen:
- Krise: die Ölkrise 1973/74.
Gerade als mein Mann seinen Beruf als Lehrer gekündigt hatte und wir uns als Rhetoriktrainer selbständig gemacht hatten, kam die Ölkrise. (In Erinnerung an damals ist bei vielen der autofreie Sonntag geblieben.) In der Folge wurden uns Anfang 1974 fast alle Seminare, die wir für die Automobilindustrie ausgemacht hatten, gestrichen. Zum Glück hatten wir vor der Selbständigkeit unsere Fixkosten gesenkt: Auto verkauft, billige Wohnung gemietet, usw. Deshalb überstanden wir die Durststrecke.
Was half uns: Unser inzwischen aufgebauter guter Ruf als Rhetoriktrainer. So gab uns der für uns zuständige Mitarbeiter der Weiterbildungsabteilung von Bosch, den wertvollen Tipp beim Innenministerium anzurufen. Dort wurde gerade die Weiterbildung für den höheren Dienst aufgebaut. Damit entwickelten wir neben der Automobilindustrie einen zweiten großen Kunden. Und da es sich bekanntlich auf zwei Beinen besser steht, als auf einem, rettete uns das vor einem finanziellen Absturz und unsere wirtschaftliche Resilienz wurde gestärkt.
Lehre 1: Hervorragende Leistung bringen und sicherstellen, dass dies bekannt ist. Sich um Empfehlungen bemühen und bekommen. Sich nicht von einem Kunden abhängig machen. Glück gehört dazu: Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.
- Krise: 1981 familiäre Veränderung
Diese Krise hatten wir ganz allein selbst zu verantworten. Da ich ein drittes Kind erwartete, wurde unsere Wohnung zu klein. Der Wunsch nach einem Haus entstand. Nur hatten wir dafür nicht genügend Rücklagen. Also kauften wir ein Haus, das voll finanziert werden musste. Wir waren uns des finanziellen Risikos zwar bewusst, doch sahen wir keine andere Lösung. Die Zinsen lagen damals zwischen 8 und 10 Prozent. Da die Finanzierung nicht nahtlos klappte, brauchten wir noch eine teure Zwischenfinanzierung und ein Disagio. Damit waren wir finanziell am Ende, der Kreditrahmen war ausgeschöpft. Es fehlten uns fehlten 10.000 DM. Wer rettete uns? Unsere Schwiegereltern, die uns aushalfen.
Lehre 2: Sparen, sparen, sparen, bevor man sich eine Immobilie zulegt, damit man genügend Eigenkapital hat und 20 – 30 % investieren kann. Eine Rettung kann manchmal auch aus einer unerwarteten Richtung kommen.
3. Krise: 1996 Ein wichtiger Kunde fällt weg
Aus der ersten Krise hätte ich lernen sollen, dass es falsch ist, sich als Selbständige überwiegend an ein Unternehmen zu binden. Mein Mann war inzwischen sehr krank, so dass ich die Hauptverdienerin der Familie war. Mein wichtigster Kunde war der damals größte amerikanische Seminarveranstalter, der mit einem speziellen Konzept den europäischen Markt erobern wollte. Doch das klappte nicht wie gewünscht und dann verschob sich noch der Dollarkurs. Das Unternehmen wurde verkauft und die neuen Besitzer zogen sich sehr schnell aus Europa zurück.
Nun saß ich heulend auf der Treppe unseres noch nicht abbezahlten Hauses und wusste weder ein noch aus. Doch spürte ich, wenn man eine überzeugende Geschäftsidee hat, wie man aus der Krise wieder rauskommen könnte, dass man dann man eine ungeheure Energie. Entfaltet. Meine Idee war, das amerikanische Seminarkonzept in modifizierter Form weiterzuführen. Davon konnte ich meine älteste Tochter und danach noch einen befreundeten Trainer überzeugen, dazu ein Unternehmen zu gründen. So gründeten wir im Frühjahr 1997 die study & train GmbH.
Lehre 3: Die aktivierende Kraft einer Krise zulassen und eine zündende und inspirierende Geschäftsidee entwickeln. Aus Krisen lernen und den gleichen Fehler nicht ein zweites Mal machen.
- Krise Ende 1997 Nicht jede zündende Idee überzeugt den Markt
Ende des Jahres war unser eingebrachtes Eigenkapital durch die zu Werbezwecken verschickten Mailings aufgebraucht. Wir hatten es falsch eingeschätzt. Wir hatten gedacht, der Markt wartet nur auf uns. Aber das war nicht der Fall. und so wuchs die Einsicht, dass unsere Geschäftsidee wohl doch nicht so gut war. Zum Glück hatten wir u.a. die Fixkosten niedrig gehalten, weil unsere Büroräume in unserem Haus waren. Sukzessive bauten wir die bestehenden Kunden aus und bemühten uns um Aufträge von ehemaligen Kunden des amerikanischen Unternehmens. Das gelang uns auch.
Lehre 4: Erstens: zu Beginn der Unternehmensgründung die Fixkosten so niedrig wie möglich halten. Zweitens: Vorsicht vor Selbstüberschätzung! Man muss zwar von seiner Geschäftsidee überzeugt sein, doch kann der Markt anders entscheiden. Und drittens: „Der Weg zum Erfolg ist kein Lift sondern eine Treppe.“
- Krise: Meinungsverschiedenheit unter den geschäftsführenden Gesellschaftern
Inzwischen hatten wir über 20 Trainer*innen unter Vertrag und machten gute Umsätze. Doch statt nun gemeinsam Visionen zu entwickeln und das Unternehmen voranzubringen, verstritten wir uns auf Geschäftsführungsebene und verwickelten uns in strategische Kämpfe. Das führte dazu, dass wir nach einer reinigenden Trennung ca. 1/4 des Umsatzes verloren und das Unternehmen in der Gefahr war an sich selbst zu scheitern. Damit standen meine Tochter und ich vor einem Scherbenhaufen und vielen mit Spannung aufgeladenen Beziehungen zu Trainer*innen und Kunden. Zum Glück hatte meine Tochter als Bankerin und Diplomkauffrau das Finanzielle gut im Griff und wir erholten uns sukzessive von dieser Krise und gewannen Großkunden und Trainer*innen wieder zurück.
Lehre 5: Nicht nur vertrauen, sondern Verträgen besondere Aufmerksamkeit schenken. Spannungen auch einmal aushalten und nicht gleich auf Klärung drängen. Nicht nur einen Ansprechpartner bei großen Kunden haben, sondern die Kundenbindung auf verschiedenen Ebenen stärken und sie somit auf eine sichere Basis stellen.
- Krise: 2008/2009 Finanzkrise
Doch kaum hatten wir uns stabilisiert, wurden wegen der Finanzkrise Aufträge storniert und ein ¼ der Umsätze brach weg. Doch hatte meine Tochter in unserer Firma inzwischen so viele Rücklagen angespart, dass wir die Fixkosten (Miete, zwei Angestellte und eine Hilfskraft) sechs Monate ohne einen einzigen Auftrag hätten bezahlen können.
Lehre 6: Über je mehr Rücklagen eine Firma verfügt, desto leichter fällt es, eine Durststrecke zu überstehen. Es gelang uns auch, unsere Kundenbasis zu erweitern und in den internen Prozessen effizienter zu werden. So werden auch jetzt die Firmen leichter die Coronakrise meistern, die über genügend Rücklagen verfügen, um einige Monate die Fixkosten bezahlen zu können und die ihre internen Prozesse prüfen und ggf. effizienter gestalten.
Gesamtlehren. Ja, man kann aus Krisen lernen und sollte das auch tun, um dann Maßnahmen zu treffen, damit so etwas nicht noch einmal passiert, z. B. Verträge ändern oder sich nicht von einem Kunden abhängig machen. Man sollte auch finanzielle Vorsorge treffen, um einige Monate auch ohne Aufträge zu überstehen.
Ganz generell: Vorsicht vor Selbstüberschätzung und sich vor Unternehmensgründung beraten lassen, aber auch selbst den Markt analysieren und auch kritischen Stimmen zuhören.
Selbst wenn man aus Krisen lernen kann, so lauert die nächste, neue Krise schon „um die Ecke“. Wenn man Glück hat, dienen die Erfahrungen aus früheren Krisen dazu, diese besser zu meistern. Doch wenn es eine neue, völlig unbekannte und quasi über Nacht hereinbrechende Krise, wie die Coronakrise, ist, dann ist es wichtig darauf zu vertrauen, dass man auch diese Krise mit Mut und Zuversicht zu Neuem in den Griff bekommen wird.